Der Comer See im Winter? Das kann auch nur Silvester-Flüchtlingen wie uns einfallen. Die letzten Nebelschwaden hängen über dem See, als wir allein auf die Fähre fahren. Aber im Tau der Palmen glitzert schon die Sonne, die sich kraftvoll durch den Morgendunst kämpft. Den See haben wir fast für uns allein.

Es war wie jedes Jahr. Weihnachten haben wir ohne uns viel vom Sofa zu bewegen hinter uns gebracht. Der erste Schnee ist auch schon da. Silvester Böller krachen durch die Straßen. Zeit, das graue Deutschland noch einmal für ein paar Tage hinter sich zu lassen.

Der Comer See im Winter: Ein Waschplatz aus dem 16. Jahrhundert

Die Waschhäuser aus dem 16. Jahrhundert werden heute noch genutzt.

Wir hatten vom berühmten Mikro-Klima der Oberitalienischen Seen gehört. Unten am Ufer kann man die Zitronen von den Bäumen pflücken. Oben auf den Bergen liegt Schnee. Und das alles in Bella Italia! Kultur und Natur – das hatten wir gesucht.

Nachts allein in den Gassen

Wir kommen spät in der Nacht in Bellagio an. So ist das mit den Billigfliegern. Entweder man muss um drei Uhr morgens aufstehen. Oder man fliegt erst los, wenn daheim schon alle den Tatort schauen.

Wir haben uns für letzteres entschieden. Dafür müssen wir den Schlüssel für unsere Ferienwohnung in der letzten geöffneten Bar im Ort abholen. Auch eine Taschenlampe hat uns die Vermieterin vorsorglich mitgeben lassen. Unsere Schritte hallen unheimlich durch die verlassenen, dunklen Gassen.

Comer See im Winter: Überfahrt von Ravenna nach Bellagio

Raue See auf der Überfahrt von Ravenna nach Bellagio

Bellagio ist der mit Abstand am meisten fotografierte Ort am Comer See. Romantische Gassen, mondäne Grand Hotels, die geheimnisvolle Villa Giulia und eine elegante Uferpromenade. Im Sommer soll man hier vor lauter Touristen nicht treten können. Die gesamte Rivera ist dann ein einziger Stau.

Der Comer See im Winterschlaf

Nicht so im Winter. Als wir am nächsten Morgen das Städtchen erkunden, sind wir mit ein paar in teuren Pelz gekleideten Einheimischen allein. Die Hotels sind fast ausnahmslos geschlossen. Jetzt nach Weihnachten sind auch nur noch wenige Restaurants geöffnet. Bellagio macht nach einer anstrengenden Saison Winterpause. Eine eigenartige Atmosphäre.

Comer See im Winter: Der Hafen von Menaggio

Der Hafen von Menaggio: Das Westufer des Comer Sees ist sehr viel bebauter als das Ostufer.

Mit unserem kleinen gemieteten Cinquecento machen wir uns auf, den Lago zu erkunden. Wir haben uns für jeden Tag eine Wanderung und einen anderen Ort vorgenommen. Abends ist es unheimlich ruhig in der Stadt. Wir sind also früh wach und können ausgeschlafen in den Tag starten.

Prima Klima am Comer See im Winter

Und wie versprochen ist eine Sonnenbrille unten am See unverzichtbar. Am Tag sind die Temperaturen angenehm mild. Das Ufer ist gesäumt von Palmen, Zypressen und Zitronenbäumen. Und das Ende Dezember in den Alpen, fast nicht zu glauben. Die Autofähren von Bellagio nach Varenna, Menaggio und ins elegante Tremezzo fahren auch im Winter. Auch hier geht es ruhig zu, wenngleich etwas belebter als auf der Halbinsel.

Comer See im Winter: Ein Mandarinenbaum im Dezember vor verschneiter Bergkulisse

Ein Mandarinenbaum im Dezember vor verschneiter Bergkulisse

Doch der See ist größer als wir dachten. Auch die Städte könnten kaum unterschiedlicher sein. In Como ist es auch im Winter sehr belebt und voll. Die Arbeiterstadt Lecco ist ein Eldorado für Outdoor-Enthusiasten. Varenna ist Italien pur. Im mondänen Tremezzo und quirligen Menaggio kann man auch im Winter bei mildem Wetter herrlich bei einem Aperol Spritz dem dolce Vita frönen.

Silvester-Wallfahrt am Comer See

Der Comer See im Winter: die Abtei St. Benedetto

Der Name der Rose – die Abtei St. Benedetto ist schon seit Jahrhunderten verlassen.

Während sich Deutschland am Silvestertag auf die ultimative Böllerschlacht vorbereitet, wandern wir schweißtreibend zum tausend Jahre alten Kloster St. Benedetto. Vorbei an den berühmten Kapellen am Kreuzweg der Wallfahrtskirche mit ihren lebensgroßen Figuren. Am Neujahrstag starten wir eine Höhentour oberhalb von Bellano und sind geflasht vom Blick über die Alpen inklusive Matterhorn.

lebensgroße Figuren in den Kapellen von S. Maria del Soccorso

Kein Gemälde! Die lebensgroßen Figuren in den 14 Kapellen der Wallfahrtskirche S. Maria del Soccorso sind UNESCO Weltkulturerbe.

Und siehe da, auf unseren Touren ist es beileibe nicht so menschenleer wie am Ufer. Die Einheimischen hier sind allesamt Outdoor-Fanatiker und immer unterwegs. Selbst im Winter kann man nach einem kräftezehrenden Aufstieg – wir sind immerhin mitten in den Alpen – im Rifugio unterhalb des Gipfels ein schönes Bier in der Sonne genießen.

Als wir ein paar Tage später wieder in Deutschland landen, steigen wir bei Sturm und Eisregen in die S-Bahn. Wir werden den schönsten See der Welt in diesem Winter sehr vermissen.

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Hier geht es zu allen Infos und Tipps für den Comer See:

 


 

Comer See: Karte Wandern und Sehenswürdigkeiten

 

Filmtipp zur Einstimmung: Der Name der Rose

Die Abtei St. Benedetto könnte die Kulisse für den Filmklassiker sein

 

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Alle Fotos: The Golden Gecko