Völlig entkräftet und aneinandergekettet schleppen sich die Sklaven vor 200 Jahren die letzten Meter ihres Martyriums an den Strand von Curaçao. Viele von ihnen schaffen es nicht. Heute kann man an den Traumstränden wunderbar relaxen. Wenn uns dieses Bild nur wieder aus dem Kopf gehen würde. Oder wenn wir die Flammen aus den Schloten der riesigen Raffinerie ignorieren könnten. Und dann stattet der neue König der Insel seinen Antrittsbesuch ab.
Eigentlich wollen wir nur eine Woche in der Hitze liegen. Es ist November. Karibik! Curaçao ist ja irgendwie auch Europa. Bis vor kurzem gehörte die Insel noch zu Holland. Und sie ist immer noch Teil des niederländischen Königreichs. Perfekt. Und auch ein bisschen schräg.

Palmen gibt es nur in den angelegten Beachclubs – auf Curaçao herrscht mittelamerikanische Wüstenvegitation (die wilde Nordküste)
Afrika in der Karibik
Schon bei der Ankunft wird uns klar: Curaçao ist ein kleines Stück Afrika. Hier leben größtenteils die Nachfahren der ehemaligen Sklaven. Es ist befremdlich, sich in den Luxushotels von ihnen bedienen zu lassen. Wir spüren eine große Gelassenheit, vielleicht auch Gleichgültigkeit gegenüber den Gästen. Wir Touristen sind aus einer anderen Welt.

Afrikanisches Flair im Hinterland von Curaçao
Schönheit an der Grenze zum Kitsch
Die Strände sind traumhaft schön, scharf an der Grenze zum Kitsch. Und das bei immerwährenden 30 Grad. Jahrein, jahraus. Eine gewisse Melancholie liegt über der Insel. Vielleicht braucht es doch die kalte Jahreszeit, um die Sonne zu feiern.
Nur in der Sonne zu liegen füllt die Tage hier nicht aus. Direkt über dem Strand liegt das “Landhuis”. Das sind die Anwesen der ehemaligen Sklavenhändler. Praktisch, die Sklaven mussten nur noch die Steilküste hoch getrieben werden.
Die Insel war ein gigantischer Umschlagplatz. Der Markt in der neuen Welt war unersättlich. Ein außerordentlich lukratives Geschäft.

Die Traumstände von Curaçao
Der König von Curaçao
Dann sind wir plötzlich mittendrin. Der neue König und die Königin statten ihren Antrittsbesuch ab. Alle sind auf den Beinen. Die Insel ist nicht sehr groß,die Wege kreuzen sich zwangsläufig. So finden wir uns unvermittelt mitten im offiziellen Empfang in der winzigen Hauptstadt wieder. Keine große Security, kein Dresscode, wir können uns problemlos unter das Volk mischen. Herrlich karibisch entspannt.

Holländische Architektur in karibischen Farben
Das schwarze Gold
Kaum war der Sklavenhandel verboten, stießen die Kolonialherren auf eine noch ergiebigere Einnahmequelle: Öl. Die Flammen, die aus den Schloten der größten karibischen Raffinerie schlagen, sind weithin zu sehen. Auch von den Terrassen der Luxushotels, sollte man denn eines der billigen Zimmer ohne Meerblick gebucht haben.

Hinterlassenschaften der Ölindustrie
Aber den Menschen geht es gut, das weiß man hier. Wir sind nur 60 Kilometer von Venezuela entfernt. Von haitianischen und jamaikanischen Verhältnissen ganz zu schweigen. Wir können uns unbekümmert und frei bewegen.
Der Mix aus afrikanischem Lebensstil, holländischer Provinz und mittelamerikanischer Landschaft ist faszinierend. Man muss dafür nur einmal vom Liegestuhl aufstehen.

Wie koloriert: die berühmte Skyline von Willemstad
Persönliche Tipps:
Essen
in den Hotels ist sehr teuer. In Willemstad kann man perfekten holländischen Backfisch und Pommes für einen fairen Preis bekommen.
Trinken
Die Cocktails sind natürlich verlockend. Sie sind aber auch zuckersüß, etwas lieblos zubereitet und extrem überteuert. Die Holländer haben für ihre Überseegebiete ein herrlich leichtes Bier entwickelt: Amstel Bright – perfekt! (Keine Werbung, Erfahrung!)
Abends
Es gibt eigentlich keine Alternative zu Willemstad, wenn man abends nicht im Hotel bleiben möchte. Die Bars und Restaurants an der Waterfortstraat sind zwar ein Klischee, aber trotzdem traumschön.
Und sonst:
Ohne Auto kommt man auf der Insel nicht aus seinem Hotel.
Einige der ehemaligen Landhuis sind heute tolle Restaurants und haben teilweise erstaunlich preiswerte Ferienwohnungen. Auch hier geht ohne Auto nichts.
Die Insel ist wirklich sehr klein. Mehr als eine gute Woche braucht man nicht, um alles gesehen zu haben.

Dem Verfall preisgegeben – nur die Touristenzentren von Willemstad sind restauriert
Fotos: The Golden Gecko, inspired by Wetandi, Public Domain Photography, Dorothea Weber, Maria Michelle, Catharina77, Nidito,
Schreibe einen Kommentar