Schöne Orte ziehen das Böse an. Versteckt in der Idylle der Brandenburger Wälder am Bogensee liegt der ehemalige Landsitz von Joseph Goebbels. Direkt dahinter erheben sich unheilvoll die monströsen stalinistischen Gebäude einer ehemaligen DDR-Kaderschmiede aus dem Wald. Seit langem versinkt das Bogensee-Areal mit seiner verstörenden Geschichte im Dornröschenschlaf. Jetzt holt sich der Wald sein Land zurück.

Die Berliner Stadtgrenze ist keine fünfzehn Kilometer entfernt. Im dichten Wald bei Wandlitz führt eine ungepflegte Asphaltstraße zum Bogensee. Am Ende der Straße befindet sich die berühmt-berüchtigte Goebbels-Villa. Kein Schild und keine Infotafel weit und breit. Zu groß ist die Angst, dass hier ein Wallfahrtsort entstehen könnte.

 Skurril: eine sozialistische Liebespaar-Skulptur vor Joseph Goebbels “Liebesnest”

Skurril: eine sozialistische Liebespaar-Skulptur vor Joseph Goebbels “Liebesnest”

Die Villa Bogensee – ein unheilvoller Ort

Die Villa steht seit mehr als 20 Jahren leer. Der Putz bröckelt hier und da. Einige Blumenkübel sind zerbrochen. Noch machen die Gebäude einen recht gepflegten Eindruck. Der Komplex nimmt sich recht bescheiden aus. Niemals würde man hier die 30 Privaträume, 40 Dienstzimmer und einen 100 Quadratmeter großen Filmsaal vermuten. Ganz besonders hatte es Goebbels das Kaminzimmer mit seinen nach unten versenkbaren Panoramafenstern angetan.

Ein Seitenflügel der Villa Bogensee

Schlichte Architektur nur von außen – ein Seitenflügel der Villa

Hier feierte der Minister des Hasses rauschende Feste, empfing seine Geliebten und fand später mit seiner Familie Ruhe und Sicherheit vor dem Bombenhagel Berlins. Und hier verfasste er seine Leitartikel und Reden, auch die berüchtigten Worte „Wollt ihr den totalen Krieg?“. Die Ruhe und Stille um uns täuschen. Was für ein bedrückender Ort.

Monumentale Prachtbauten

Nur ein paar Schritte weiter, aber nicht mehr in Sichtweite der Villa, ragen die Monumentalbauten einer einstigen Kaderschmiede der DDR in den Himmel. Der pompöse Gebäudekomplex erinnert stark an die die Frankfurter Allee in Ost-Berlin. Der DDR-Stararchitekt Hermann Henselmann entwarf den stalinistischen Prachtboulevard und den Partei-Campus mitten im Wald.

FDJ-Kaderschmiede am Bogensee

Schlossähnliche totalitäre Architektur

Inmitten der Naturidylle muten die mächtigen, martialischen Gebäude wie eine Fata Morgana an. Auf dem Campus reihen sich gigantische Gebäude als sozialistisch-klassizistisches Ensemble um einen ehemals elegant begrünten Park.

Die allmächtige Partei bildete hier ihren privilegierten Nachwuchs aus. Den zukünftigen Kadern standen eine Sporthalle, ein Schwimmbad und ein Sportplatz zur Verfügung.

In jedem Internatszimmer gab es ein Telefon. Nur nicht ohne Kontrolle. In einem der Keller wurde nach dem Ende des kalten Krieges eine riesige Abhöranlage entdeckt – mit direkter Leitung ins Innenministerium, munkelt man.

DDR Kaderschmiede am Bogensee

Sozialistischer Klassizismus abgeschottet im Wald

Überhaupt ranken sich viele Gerüchte um den Bogensee. Goebbels habe unbeobachtet mächtige amerikanische Filmproduzenten hierher zitiert. Er drohte mit dem Verbot von Filmen mit jüdischen Schauspielern. Auf dem FDJ-Campus sollen auch PLO-Kämpfer ausgebildet worden sein.

das ehemalige Kulturhaus auf dem Campus Bogensee

Dem Verfall preisgegeben: das ehemalige Kulturhaus auf dem Campus

Was auch immer dort wirklich geschehen sein mag, heute verfallen die Gebäude still im Wald. Der riesige Stalin-Komplex ist marode und fast irreparabel beschädigt. Das gewaltige Areal kann oder will sich nicht verkaufen.

Vielleicht wird es jetzt nach und nach verschwinden. Auf dem Friedhof der Tyrannei.    

 

 

Mehr auf Pinterest

 

 

Alle Fotos: thegoldengecko.de