Venedig im November. Touristen drängen sich vor der Rialtobrücke. Das ist eine der wenigen Sehenswürdigkeiten, auf die wir nicht verzichten wollten. Wir ahnen, wie es sich hier zur Hauptsaison anfühlt. Erst im November findet die Stadt wieder ein wenig zu sich selbst. Ruhig ist es geworden. Jetzt ist die Zeit, ein kleines Stück des Venedigs zu sehen, das es so eigentlich nicht mehr gibt.

Nebel steigt über den Kanälen auf, als wir mit dem Vaporetto in der Lagune ankommen. Auch wenn das Wetter für den November recht mild ist, kriecht die feuchte Kälte in alle Knochen. Wir haben für einen guten Preis ein schönes Zimmer in einem der vielen Palazzi gebucht. Zum Glück denken wir, als wir im Hotel ein heißes Bad nehmen.

Venedig im November: Die Kirche Santa Maria della Salute im Zwielicht

Die Kirche Santa Maria della Salute im Zwielicht

Wir machen uns am Abend auf, ein authentisch venezianisches Restaurant soll es sein. Selbstredend findet man dies nicht im Internet. Wir fragen im Hotel. Das Personal ist dezent und zuvorkommend. Doch hier wird jeder Einheimische schmallippig. Gute Tipps werden gehütet wie ein Staatsgeheimnis. Zu wenige geheime Ecken gibt es noch in der Stadt. Es gibt sogar Restaurants, die gar keine Fremden hereinlassen.

Geheimes Venedig

Also brechen wir auf und lassen uns treiben. Nur hier und da sieht man ein Licht in den nächtlichen Gassen und Kanälen abseits des Markusplatzes. Ab und zu durchbricht ein Nebelhorn der Motorboote die Stille. Die Atmosphäre gleicht einem Film Noir. Wunderschön. Nur sind nach der Saison viele Restaurants geschlossen. Der Rest ist mit Touristen bevölkert.  

Venedig im November: im Traghetto den Canal Grande überqueren

Während eine halbstündige Fahrt mit einer Gondel bis zu 100 Euro kostet, überquert man den Canal Grande mit dem Traghetto für ein zwei Euro wie die Einheimischen.

Wir beschließen eine Kleinigkeit in einer der vielen Bacari zu essen. Diese kleinen Steh-Bars sind sehr schlicht, stecken aber voller kleiner Köstlichkeiten. Es gibt auch einige Tische. Wir beschließen, es den Venezianern gleich zu tun und unsere Cicchetti, wie man hier die kleinen Delikatessen nennt, mit einem Glas Wein an der Bar zu genießen.

Und siehe da, schon ist man bei einer Plauderei mit einem echten Venezianer. Der verrät uns sogar ein Restaurant, wenn wir auch mal im Sitzen essen möchten.

venedig im November: eine Baustelle mit Booten auf den Kanälen

Alles muss mit dem Boot transportiert werden, auch Baumaterialien.

Die Ruhe nach dem Sturm

Am Morgen kämpft sich die Sonne nur mühsam durch den allgegenwärtigen Nebel. In diesem November lässt das gefürchtete Aqua Alta noch auf sich warten. Wir schlendern durch die Gassen in Richtung Markusplatz. Ein paar Highlights müssen es dann doch sein.

Wie in jeder Touristenstadt wimmelt es hier nur so von billigen Kitschläden und riecht nach übelriechender Schnellküche. Und doch liegt eine gewisse Melancholie über dem Platz. Der große Sommerzirkus ist vorbei, die Menschen lassen es ruhig angehen.

Venedig im November - Ein Ambulanz-Boot

Auch der Notarzt kommt nur auf dem Wasserweg durch die Stadt

Leben in Venedig im Herbst

Wir lassen uns weitertreiben, weg vom Trubel. Der hält sich zu dieser Jahreszeit tatsächlich nur um die großen Sehenswürdigkeiten. Aber selbst über die Rialtobrücke kann man jetzt ungehindert spazieren, ohne in der Schlange stehen zu müssen. Je weiter wir durch die Gassen schlendern, desto mehr tauchen wir in die Stadt ein.  

Die Feuerwehr rückt hier natürlich mit Booten aus. Wir überqueren den Canal Grande stehend im Traghetto zusammen mit dem Signore Avvocato im feinen Zwirn für zwei Euro. Nachts nehmen wir unseren Bellini in der originalen Harry’s Bar und beobachten das Treiben der Schönen und Reichen der Stadt. So muss es auch Donna Leon machen, denken wir. Ein klein wenig haben wir gesehen vom richtigen Venedig.


 

Hier geht es zu unsern Tipps für Venedig im November:

Venedig im November: Essen, Übernachtung, Wetter und warum der November die beste Reisezeit ist

 

Filmtipp zur Einstimmung auf Venedig:

Der Klassiker nach einem Roman von Daphne du Maurier ist heute noch genauso unheimlich wie in den Siebzigern.


 

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Fotos: The Golden Gecko, lauragambrinus